07.11.13

Blitzlicht No. III

Blitzlicht:

Seit langer Zeit habe ich kein Blitzlicht mehr geschrieben,  viel Zeit ist vergangen in der ich euch keinen direkten Einblick mehr über das Sektionsleben gegeben habe.
Vielleicht erinnert ihr euch noch was ein Blitzlicht ausmacht, es ist eine Beschreibung eines Arbeitsalltags, der nicht unbedingt wie in den anderen Blogeinträgen ein Event oder eine Feier beschreibt sondern direkte Situationen aus dem Alltag meiner Arbeit und dem Leben der Kinder.

Heute den 5.11.2013 bin ich genau 11 Monate und 2 Tage in Guatemala, wenn ich auf das vergangene Jahr zurückschaue blicke ich auf eine Zeit mit vielen Höhen, Tiefen, Erfolgen, Niederschlägen, Freundschaften, verrückten Menschen und vor allem einen Haufen Erfahrung. Das was ein solches Jahr weit weg von Familie und Freunde ausmacht ist, sich von seiner Heimat zu lösen und offen sein um etwas Neues zu erleben, etwas Neues in seinem Leben zu erfahren und in gewisser Weise ein Abenteuer zu bestreiten. Man muss sich auf so viele Veränderungen und einschneidende Erlebnisse einlassen, diese aufnehmen und sie einfach als Bereicherung für das Leben nehmen, denn eines ist klar, man ist nicht derjenige der das Recht hat, sich über Kultur und Sitten, Menschen und ihre Einstellung aufzuregen. Man ist derjenige, der in ein neues Land kommt und erst mal von allen Seiten schräg angeguckt wird. Gerade hier in Guatemala, wo die Hauptbevölkerung niemals in ihrem Leben das Land verlassen wird, wo die Menschen froh sind mit dem was ihnen die Ernte oder der geringe Halt ermöglicht. Eine Familie zu haben und ohne „Luxusgüter“ zu leben. Statistisch gesehen, gehören die Guatemalteken zu den glücklichsten Völkern weltweit.

Heute ist Dienstag, der Tag für mich ist schon zu Ende und ich habe mal wieder die „Ehre“ in der Sektion schlafen zu müssen. Die sogenannte „Vela“ ist nicht etwa schlimm, jedoch ist es anstrengend die Kinder ins Bett zu bekommen, sie ruhig zu halten und man schläft vor allem nicht so tief wie in seinem Bett im Volontärshaus. Dazu kommt, dass die Volontäre alle Feierabend haben, einige nach Antigua gefahren sind, andere im Volontärshaus vielleicht noch ein Bier trinken und ein wenig quatschen. Das sind genau die Momente die einem im Tio-Job verloren gehen. Denn der Arbeitsablauf, den ich habe, gleicht mit keinem anderen der übrigen Volontäre.

Mein Tag fing heute um 8 Uhr morgens an, ich kam in die Sektion, mich empfingen die Kinder wie jeden Tag und ich musste dafür sorgen, dass die Kinder pünktlich um 8:30 Uhr an ihrem Frühstückstisch im Speisesaal sitzen. Mit meinem Arbeitskollegen Ivan bilde ich seit meinem ersten Tag hier in NPH das Arbeitsteam der Sektion San Antonio. Nach dem Frühstück gingen wir runter in die Sektion, säuberten alles, räumten auf, wuschen Wäsche und sorgten für die tägliche Hygiene  der Kinder. Danach mussten wir wieder in den Speisesaal hoch, die Tische rautragen, diese waschen und seit langer Zeit steht mal wieder an, diese neu zu bestreichen und zu pflegen. So hingen wir bestimmt 2 Stunden daran, mit Eisenstangen und Schleifpapier die alte Farbe der Tische runter zu kratzen und zu pflegen. Ich hoffe die Tische sind bis Morgen wieder frisch lackiert und benutzbar.

Nach dem Putz- und Arbeitsprogramm, hatten wir noch eine kleine Aufklärungsstunde mit 2 Volontären der Psychologie, welche mit den Kindern über die verschiedensten Arten von Beziehungen zwischen Mann und Frau, Freunden oder Feinden geredet haben. Gerade solche Sachen sind hier extrem wichtig und auch wenn die Kinder nicht immer alles ernst nehmen, lernen sie zumindest etwas daraus.
Daraufhin gab es schon Mittagessen, Juan* aus der Sektion war mit Geschirr spülen dran, da er uns das ein oder andere Mal ein Schimpfwort an den Kopf geworfen hat.

Das NPH-Heim in Guatemala steht kurz vor dem Jahrestag ihres 17-jährigen Bestehens. Jedes Jahr wird dazu ein riesiges Fest gefeiert in Welchem verschiedenste Gruppen in Wettbewerben teilnehmen und versuchen besser zu sein als die anderen. Jede Gruppe hat 3 Wochen Zeit sich auf diese Wettbewerbe vorzubereiten, ich bin mir sicher, dass ich euch darüber noch im Blog informieren werde. Deswegen hatten wir heute Nachmittag von 3 Uhr bis 5 Uhr unsere Probestunde und jedes Kind ist in seine Gruppe abgezischt. Ich muss auch an dem Jahrestag teilnehmen und bin einer Gruppe zugewiesen worden.
Um 5 Uhr ging es dann für die Jungs unter die Dusche, mit viel Shampoo und warmen Wasser wurde schnell eine Wasserschlacht draus, aber solche Momente muss man den Kindern einfach lassen und sie genießen es, dass sie nicht für jede Kleinigkeit bestraft werden.

Danach geht der Tag auch schon schnell seinem Ende zu, es gibt eine große Formation mit allen Jungs und der Koordinator des Jungshauses gibt die wichtigsten Informationen bekannt. Daraufhin wird das Gebet gesprochen, alle gehen zum Speisesaal und dieses Mal wurde draußen gegessen, da wir ja keine Tische haben. Um 6:30 Uhr fängt dann meine Pause an, die ich bis 7:30 Uhr ausnutzen kann um mich für die Vela fertig zu machen. Ich hole dann meine Decken, Kopfkissen und schaue das ich mich vielleicht noch umziehe und die Zähne putze.

Und schon ist ein solcher Arbeitstag um, ich sitze hier, höre Reggeaton in der Sektion, die Kinder sind in ihren Betten und ich denke ein wenig darüber nach, was mir in der letzten Zeit passiert ist, was in der Zukunft kommen wird, wie es sein wird wenn ich in 4 Monaten wieder in Köln bin und was das Leben danach für mich vorbereitet hat.

Für mich heißt es aber auch gleich ins Bett zu gehen und mich für den morgigen Arbeitstag vorzubereiten.
Liebe Grüße also an alle aus dem gerade sehr schönen und warmen Guatemala!

Ruben

*Namen sind zum Schutz der Kinder geändert.

03.11.13

La Fiesta de Maximon y el Festival de los Barriletes!

Blogupdate:¨

Fiesta de Maximon

Wer ist Maximon?
Maximon stammt aus der Maya-Sprache Kaqchikel und bedeutet soviel wie San Simon. Maximon sieht aus wie ein Gringo (Amerikaner mit weißer Haut) aber seine Herkunft ist ofiziell unbekannt. Für die Maya-Bevölkerung in Guatemala ist er ein Gott, für die katholische Bevölkerung ist er ein Dämon, welcher sich nur einraucht und zusäuft. Seine Geschichte einfach beschrieben ist, dass er in ein Maya-Dorf kam und dort alle Frauen vergewaltigt hat. Warum er für die Maya als Gott gehandelt wird, verstehe ich selber nicht, aber die Leute die ich hier traf erzählten mir, wenn er dein Freund ist hilft er dir und beschenkt dir eine Menge Glück im Leben, wenn du allerdings sein Feind bist, lässt er dir nur das schlechteste der Welt zustoßen…
Also lässt man sich auf ein Glückspiel mit dem „Teufel der 2 Gesichter“ ein...
Wie ihr alle wisst, ist dass Projekt in dem ich arbeite in dem kleinen Dorf in Parramos lokalisiert, wie es der Zufall so wollte ist Parramos das Nachbardorf von Itzapa in welchem die größte Feier zum Tag des Maximon abgehalten wird. Uns Volontären war schnell klar, dass wir diese Feier oder Kulturspektakel nicht verpassen konnten und so machten sich 12 Volontäre am Montagabend der vergangenen Woche auf den Weg um der Spur des „Teufels“ zu folgen oder zumindest zu verstehen.
Das was uns in Itzapa erwartete, übertraf alle Erwartungen die wir vorher hatten, auf dem alten Marktplatz vor einer Kirche wurde eine Bühne aufgestellt, die Menschen kamen aus allen möglichen Regionen des Landes und tanzten, schütteten sich die Birne mit hochprozentigem und Bier zu und versuchten dem San Simon zu zeigen, dass er sich in ihrem Dorf nicht mehr blicken lassen darf. In der Dorfkirche wurde die San Simon-Statue aufgestellt, es wurden Kerzen, Zigarren und Weihraucht verbrannt, wenn man wollte konnte man sich in einer Reihe anstellen und darauf warten, die Füße der Statue zu küssen. Es wurde mit Rum und Wein der San Simon begossen und die Leute feierten untereinander eine Alkohol-Nassmach-Schlacht.
Wir Volontäre waren total überfordert, wie auch nicht, nie in meinem Leben habe ich so etwas gesehen und ich muss sagen, dass ich schon auf vielen kulturellen Feiern war, aber diese hat alles übertroffen. Auch wenn die ersten Minuten gewöhnungsbedürftig waren, haben uns die Einheimischen total nett aufgenommen, uns an der Hand genommen und uns zum Tanzen animiert. Von Nachmittags um 3 Uhr bis Abends um 8 Uhr blieben wir auf dieser vieeeeel zu verrückten Party, man darf nicht verleugnen, dass wir früh nach Hause mussten, weil auf Grund der unzähligen Trinkeinladungen der Alkoholpegel zu schnell und zu hoch gestiegen war. Dazu kam, dass es Montagabend war und wir alle am nächsten Tag arbeiten mussten.
Soviel erstmal zur Fiesta von Maximon die jedes Jahr am 28. Oktober in Itzapa gefeiert wird, für alle die irgendwann einmal um diese Zeit in Guatemala sein sollten, müssen sich dieses Fest auf ihre To-Do-Liste schreiben.


Die Volontaersgruppe








Mariachis


Die Einheimischen laden uns zum tanzen ein...











Der Altar des Maximon mit der dazugehoerigen Statue





Blogupdate:

Festival de Barriletes en Santiago y Sumpango

Die Woche um den Novemberbeginn war für die Volontäre vollgepackt mit Aktivitäten, Halloween, das Fest von Maximon in Itzapa und Vorbereitungen für den Jahresschulabschluss und Jahrestag des NPH-Heims.

Ich erzähle euch in diesem Blogeintrag ein wenig über das Fest der Allerheiligen in Guatemala… Der „dia de los muertos“ wird hier wie jeder andere katholische Feiertag als riesiges Event angesehen und nicht unbedingt wie in Deutschland oder anderen eurpäischen Ländern gefeiert. In Deutschland ist es der Tag an dem man auf den Friedhof geht, das Grab der verstorbenen ein wenig pflegt, vielleicht neue Blumen hinlegt und eine Kerze anmacht um an die verstorbenen Verwandten oder Freunde zu gedenken.
In Guatemala ist das ein wenig anders, hier ist es der nationale Tag des Drachensteigens. Bedeutet, dass die guatemaltekische Bevölkerung sich Drachen kaufen, oder selber welche herstellen. Manche sind so groß und so aufwendig dekoriert, dass die Einheimischen ein Jahr lang daran arbeiten ihren Drachen zu basteln. Man muss von der Vorstellung des Drachensteigens in Deutschland wegkommen, natürlich gibt es auch die Drachen im 1x1 Meter Format, doch die wirklichen Attraktionen sind die, welche die Größe eines Hauses haben, Baumstämme als Gerüst haben und Tonnen wiegen. Die 2 berühmtesten Orte für das Festival sind Santiago und Sumpango in dem Departamento Sacatepequez in der Nähe von Antigua. Ein Teil der Volontäre, mich inbegriffen, wollten an einem Tag beide Orte besuchen und eine andere Gruppe traf uns in Sumpango um nur dort das Festival zu erleben.
Santiago ist ein kleines Idigena-Dorf welches sich total versteckt in den guatemaltekischen Bergen befindet und sich nur am „dia de los muertos“ bis zum Anschlag mit Touristen und Einheimischen aus der Umgebung füllt. Die Straßen sind komplett verstopft und die Leute versuchen den großen Drachensteigplatz zu erreichen. Es ist nicht so einfach vom Drofeingang bis zum Festivalplatz zu kommen, da aufgrund der großen Menschenmenge das spazieren zu einer echten Herausforderung wird. Der Festivalplatz ist übrigens der große Dorffriedhof, vom Dorfeingang bis zum Friedhof ist es vielleicht 1 Km, wir brauchten ca 2 Stunden um am Friedhof anzukommen. Die Straßen waren gefüllt mit Marktständen, Straßenessen und die Einheimischen versuchten ihre Spezialitäten den Touristen mit dem „großen Geldbeutel“ anzudrehen. Angekommen am Friedhof erlebten wir ein Riesenspektakel, Leute trampelten auf den Gräbern herum, rauchten dort, tranken und spielten überlauten Reggeaton von einer Bühne aus, die dort aufgebaut wurde. Hier in Guatemala wird der Tag der Toten halt einfach anders gefeiert, andere Länder andere Sitten.
Auf dem Festival gibt es den Konkurs um den schönsten Drachen, welcher am höchsten fliegt und welcher am längsten in der Luft bleibt. Es ist nicht ungewöhnlich das gerade die großen Drachen vom Himmel stürzen und die Gefahr, dass man von solch einem Brecher getroffen wird nicht gerade niedrig.
Ca 1 ½ Stunden hielten wir uns in Santiago auf und verbrachten dort eine wunderschöne Zeit mit unglaublich viel Sonne, tollen Eindrücken und vielen netten Menschen.
Von Santiago aus machten wir uns dann auf den Weg nach Sumpango um die anderen Volontäre dort zu treffen und den restlichen Tag dort zu verbringen. Sumpango ist wiederum ein komplett anderes Festival, natürlich dreht sich auch dort alles um das Drachensteigen und die dazugehörigen Konkurse und Wettbewerbe. Allerdings findet das Festival dort nicht wie in Santiago auf einem Friedhof statt, sondern auf einem Fussballfeld und die Menschenmenge kann von aufgebauten Tribünen aus das Spektakel beobachten…
Bis ca. 7 Uhr abends blieben wir in Sumpango, fuhren daraufhin mit der Camioneta wieder ins NPH-Heim und mussten erstmal unsere Sonnenbrände verpflegen. Daraufhin schauten wir nur noch einen Film, ließen den Abend ausklingen und waren viel zu K.O. um mit dem restlichen Tag noch was anzufangen…

Soviel erstmal zu den Aktivitäten der vergangenen Woche. Wie immer halte ich euch auf dem laufenden… Fotos gibt es weiter unten…





Einige der typischen Drachen


Frisch gegrillte Maiskolben


Das Strassenessen von Guatemala hat einiges zu bieten


Menschen sitzen auf den Graebern des Friedhofs





Ein Junge mit ganzem Stolz seinen eigenen Drachen zu haben


Die grossen Drachen


Nicht selten faellt einer der grossen um


Die Santiago-Truppe











Ein Jahr lang braucht man, um einen solchen Drachen fertigzustellen





Das Festival in Sumpango





Hasta Luego

Ruben